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Persönliche Ansprechhaltung

Ich bin gerade im Tonstudio titoplace in Hamburg und spreche mein neues Hörbuch „Ich kann auch anders“ ein. Bisher habe ich die Texte extra für meine Hörbücher geschrieben, somit waren sie leicht zu lesen. Dieses Mal ist es ein fertiges Buch. Meine Herausforderung ist, dass ich meine bisherigen Hörbüchern also in Sprechdeutsch geschrieben habe und nun Schreibdeutsch vorlese.

Sprechdeutsch und Schreibdeutsch

Es ist durchaus sinnvoll bei einem Buch so zu schreiben, dass es sich gut lesen lässt. Doch so ein gut lesbarer Text, lässt sich noch lange nicht gut lesen. Das haben Sie vielleicht auch schon festgestellt, wenn Sie sich zu Hause eine Rede geschrieben haben und dann beim Auswendiglernen ständig an den komplizierten Sätzen verzweifelt sind. Deswegen rate ich stets, die Rede schon von Anfang an in Sprechdeutsch zu schreiben. Reden Sie laut und lesen Sie laut alles vor, was Sie gerade schreiben. Überprüfen Sie stets, ob Sie die Worte leicht sprechen können. Wenn Sie an dem Wort „Authentizität“ ständig scheitern, dann schreiben Sie doch „authentisch“. Ist kürzer und einfacher zu sprechen. Bei allen Sätzen, die sich im Mund unrund anfühlen, gibt es Nachbesserungsbedarf. Lieber zu einfach sprechen, als zu stottern und sich ständig zu verhaspeln.

Was für eine Masse an Text

Nun möchte ich in meinem Fall aber das Buch genauso einsprechen, wie ich es geschrieben habe. Es wäre eine Heidenarbeit gewesen, alles wieder umzuschreiben, nur damit ich es etwas leichter lesen kann. Also stelle ich mich nun der Herausforderung und einen Großteil habe ich auch schon geschafft.

Es geht aber nicht nur darum, dass ich nun Schreibdeutsch vorlese, sondern auch darum, dass dieses Hörbuch viel länger wird, als meine bisherigen. Ich habe ja bisher schon ständig so geschrieben, dass es auf eine oder maximal zwei CDs hinauslief. Aber nun habe ich das fertige Buch mit 236 Seiten vor mir und bin gespannt, bei wie vielen CDs ich im Endeffekt landen werde.

Ich merke deutlich, dass es einen großen Unterschied macht, ob ich mal einen Tag entspannt ein Hörbuch einspreche oder vier Tage lang. Stets dieselbe Ansprechhaltung zu behalten und immer wieder mit Schwung und Natürlichkeit ans Werk zu gehen, ist eine Herausforderung für mich. Denn nach ein paar Stunden und Tagen merke ich immer wieder, dass ich nachlasse. Dann lese ich den Text nur noch runter, aber ich fühle ihn nicht mehr. Das bedeutet aber auch, dass die Qualität nachlässt, also reiße ich mich am Riemen, höre rein, ab wo ich unemotional gelesen habe und nehme alles noch einmal auf.

Hallo Freundin!

Um wieder in die passende Stimmung zu kommen, nutze ich einen Moderatoren-Trick. Früher würde mich stets gesagt, dass ich mir beim Moderieren meine beste Freundin vorstellen soll, damit ich das Wetter und die Verkehrsmeldungen so persönlich wie möglich formuliere und spreche. Kein Moderator möchte wie ein Nachrichtensprecher klingen. Die einen sind für die Emotionen und die Nähe zuständig und die anderen für die Wissensvermittlung und es sind zwei völlig unterschiedliche Ansprechhaltungen.

Wenn ich nun also im Tonstudio bei Enrico Wachtel stehe, zwischen diesen grauen Schallwänden und vor dem großen Mikrofon, dann denke ich an eine Freundin und erzähle ihr mein Buch. Ich bewege meine Arme, wie ich es auch machen würde, wenn sie vor mir steht und stelle mir wirklich vor, wo sie wohl Zeit zum Überlegen braucht und wo Sie mehr Struktur braucht und wo ich ein Wort besonders deutlich aussprechen sollte, damit sie es versteht.

Auf ein Neues

Ich rutsche allerdings immer mal wieder in die Falle, dass ich dann wie eine Nachrichtensprecherin zwar den Text gut und deutlich vorlese, aber die Emotionen fehlen. Es ist also nicht damit getan, einmal an die Freundin zu denken, sondern es geht darum, dass ich mich immer und immer wieder ins Jetzt hole und im Hier und Jetzt auch meine Freundin ist und mir gebannt zuhört.

Blickkontakt

Diese persönliche Ansprechhaltung bekommen Sie bei einer Präsentation auch super hin, wenn Sie zwar vor vielen Augenpaaren stehen, aber zwei bis drei Sätze nur in EIN Augenpaar sprechen. Dann kann der Blick weiter schweifen und Sie sagen die nächsten paar Sätze in ein anderes Augenpaar. Auch hier konzentrieren Sie sich nur auf eine Person und Ihre ganze Ansprechhaltung wird dadurch persönlich. Was dazu führt, dass sich selbst diejenigen persönlich angesprochen fühlen, die Sie gar nicht ansehen. Ich habe dazu auch ein Video aufgenommen, in dem ich genau erkläre.

Nun bin ich bald fertig mit meinem Hörbuch. Heute ist mein letzter Einsprechtag. Und ich gestehe, dass es mir neben der Anstrengung auch sehr viel Spaß macht. Denn so kann ich noch besser die Sätze so betonen, wie ich Sie mir gedacht habe. Beim Buch werden Sie ja Ihre eigene Betonung rein bringen. Dadurch habe ich mit dem Hörbuch die Möglichkeit, verstärkt zu zeigen, was mir wichtig ist.

Am 22. September wird das Hörbuch „Ich kann auch anders“ gemeinsam mit dem Buch im Handel erhältlich sein.

 

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