Es ist Heiligabend Sie haben es geschafft. Sie haben die Vorweihnachtszeit geschafft. Vielleicht konnte ich…
Wann ist weniger Perfektionismus angebracht?
Perfektionismus ist mein Ziel
Ich strebe immer wieder den Perfektionismus an. Warum auch nicht? Ich bin zur Hälfte Deutsche und ich möchte gute Arbeit abliefern. Ich habe mein letztes Buch „Ich kann auch anders“ drei Mal Korrektur gelesen. Und das, obwohl auch der Verlag natürlich Korrektur gelesen hat. Doch mir war es wichtig. Ich wollte ein perfektes Buch abliefern und habe mich dann auch stets triumphierend auf jeden Fehler gestürzt. „Siehst du? Wie gut, dass ich mir noch einmal einen Tag Zeit genommen habe zum Korrektur lesen.“
Ich schaue mir Grafiken noch einmal genau an. Überprüfe meine Newslettertexte mehrmals. Und kontrolliere Reisevorbereitungen bis ins kleinste Detail. Das ist alles gut und schön. Für andere vielleicht manchmal nervig, wenn ich alles häufiger kontrolliere, aber im Endeffekt ein recht gesunder Perfektionismus. Doch es gibt Situationen, da verabschiede ich mich davon perfekt zu sein.
Wann ist perfektes Auftreten hinderlich?
Wenn ich mich direkt in einer Situation befinde, dann lasse ich los. Ich bereite mich zum Beispiel perfekt auf einen Vortrag vor, aber auf der Bühne lebe ich mit dem Unperfekten. Ich bereite mich lange auf ein Kundengespräch vor, aber in der Situation lasse ich mich treiben und lasse mich auf jede neue Idee ein. Selbst wenn diese komplett von meinem Plan abweicht.
Dies ist eine Grundregel aus dem Improvisationstheater. Die Schauspieler bereiten sich penibel auf jeden Auftritt vor. Um sich dann auf der Bühne komplett treiben zu lassen. In Zahlen bedeutet es: Hundertprozentige Vorbereitung und auf der Bühne nur noch 70 Prozent verlangen.
Die berühmten 70 Prozent
Wenn also auf der Bühne die Technik nicht funktioniert, dann gehört das zu den 30 Prozent. Irritiert mich nicht weiter. Wenn das Publikum an einer Stelle anders reagiert als erwartet: Gehört es auch zu den 30 Prozent. Immer noch kein Beinbruch. Ich habe ein Blackout mitten im Vortrag: Kommt auf das 30-Prozent-Konto.
Das führt dazu, dass ich völlig entspannt bleibe, wenn etwas schief läuft. Das Leben ist doch sowieso nicht planbar. Es kommt meistens anders als erwartet. Und genau darauf stelle ich mich ein. Nicht mit 90 zu 10. Das wäre eine zu geringe Pannenquote. Verlagen Sie von sich nur 70 Prozent, sobald Sie in der Situation drin sind.
Seit vier Wochen krank
Ich bin nun schon seit einer gefühlten Ewigkeit krank. Stets wenn ich denke, dass ich wieder auf die Beine komme, gehen die Halsschmerzen wieder von vorne los. Von Intervall zu Intervall geht es mir besser. Doch ich kann natürlich lange nicht das abarbeiten, was ich mir vorgenommen habe. Im Moment liege ich sogar unter den 70 Prozent und auch das ist mal in Ordnung. Kein Beinbruch. Kein Weltuntergang. Einfach eine – anscheinend nötige – Zwangspause.
Ich sitze somit im Schlafanzug dick eingemummelt in meinem Bett und schreibe hier an meinem neuen Adventskalendereintrag. Und selbst wenn ich von den 24 Türchen nur 20 schreiben würde, dann wäre ich völlig zufrieden. 20 Tipps für entspannte Weihnachten sind mehr als ausreichend. Und wenn es wirklich 24 werden, dann ist es umso besser. Den Satz „Das geht doch nicht“ gibt es bei mir nicht. Natürlich ginge das.
Klitschiger Klöben
In Hamburg backen wir keinen Stollen, sondern Hamburger Klöben. Gibt es kaum noch in den Läden. Umso wichtiger sind die Rezepte, die von Generation zu Generation weiter gereicht werden. Das stellt allerdings auch wieder eine Herausforderung da, denn … wie bei Oma schmeckt es selten.
Meine Mutter ist früher einmal so daran verzweifelt, dass ihr Klöben ein Klitschloch hatte, dass sie ihn heulend an die Wand geschmissen hat. Klitschig bedeutet, dass er innen noch feucht war. Doch außen leider schon zu trocken. Und dass, obwohl meine Mutter sich genau an das Rezept gehalten hat. Da wächst der Stress. Und die Angst nicht perfekt zu sein. Und vor allem: Das Weihnachten nun ohne Klöben nicht perfekt ist.
70 Prozent der Tradition
Gönnen Sie Ihren Nerven Ruhe, indem Sie meinetwegen alles perfekt planen, aber dann loslassen. Der Klöben ist klitschig? Gut. Das gehört zu den 30 Prozent. Dafür ist der Honigkuchen nach Großmuttis Rezept super geworden. Der Tannenbaum ist schief? Dafür sind die Strohsterne umso schöner, die wir als Kinder gebastelt haben.
Ein Fest, ein Gespräch, ein Treffen ist nicht nur dann schön, wenn es perfekt ist. Ein Mensch ist nicht nur dann liebenswert, wenn er perfekt ist. Wenn dem so wäre, dann gäbe es keine Liebe mehr, denn niemand ist perfekt.
Lassen Sie los
Anstatt Weihnachten wegen all des Stresses komplett sein zu lassen, wäre es schön, wenn Sie entspannter damit umgehen. Anstatt perfekte Weihnachten zu erwarten, gönnen Sie sich 70 Prozent von perfekten Weihnachten. Und selbst wenn Sie bei 60:40 landen, wird es immer noch eine schöne Zeit sein.
Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Nikolaus. Auch wenn Ihnen nur 70 Prozent von dem schmeckt, was Sie in Ihrem Schuh vorfinden, obwohl Sie ihn hundertprozentig gründlich geputzt haben …
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„Das Leben ist doch sowieso nicht planbar. Es kommt meistens anders als erwartet“
Genau so ist es! Die 100%ige Vorbereitung bringt letztendlich eben nicht die vollen hundert Prozent.
Das merke ich besonders bei Meetings – denn da ist der geplante Ablauf nie genau so, wie man es plant.