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Storytelling vom Feinsten: ZDF gegen Google-Recherche
Kommt ein Mann zum Arzt, schmeißt seinen dicken Aktenordner auf den Tisch und sagt: „Ich glaube ich habe Dies und Das, und ich habe es auch schon mal recherchiert.“ Eine Albtraumsituation für viele Ärzte. Ein Patient mit Selbstdiagnose und zig Recherche-Ergebnissen aus dem Internet. Ich habe in den letzten Wochen und Monaten häufig Vorträge vor Ärzten gehalten und immer wieder tauchte die Frage auf, wie der Arzt da am besten reagieren könnte. Meine Antwort vorweg: Erzählen Sie eine noch bessere Geschichte.
Storytelling vom Feinsten
Was passiert hier genau? Die Patienten möchten sich vorbereiten und das Internet bietet eine Unmenge an möglichen Diagnosen. Und das Schönste ist, dass diese Diagnosen häufig Erfahrungsberichte von anderen Patienten sind. Die Facharztartikel von Ärzten werden eher seltener durchgelesen. Und diese Erfahrungsberichte sind Storytelling vom Feinsten. Da gibt es einen Helden (der Patient), dem Schlimmes widerfahren ist und dem – hoffentlich – irgendwann geholfen wurde. Dazwischen gibt es viele detaillierte, zu Herzen gehende Einzelheiten mit vielen verbalen und auch realen Bildern, die sich sofort im Kopf des Patienten festsetzen. Denn unser Gehirn liebt Bilder jeglicher Art. Deswegen ist Storytelling so ein wichtiges Werkzeug in der Rhetorik.
Wenn dieser Patient nun zum Arzt geht und dieser kontert mit ZDF (Zahlen, Daten und Fakten), dann prägen die sich weit weniger ein, als die vielen bunten Geschichten aus dem World Wide Web und überzeugen daher weniger. Deswegen sagt ein Patient so häufig „Ja, aber …“.
Bruno süß-sauer
Kleines Beispiel aus meinem eigenen Leben. Ich bin vor über einem halben Jahr von Sevilla zurück nach Hamburg gezogen. Als ich nun in Hamburg mit meinem Hund Bruno auf einer unserer ersten Erkundungstouren war, kam eine ältere Dame auf mich zu. Sie streichelte Bruno, schaute mich an und meinte: „Binden Sie ihn bloß NIE vorm Supermarkt an. Denn hier in der Gegend werden die Hunde dann entführt. Von Asiaten. Die schlachten die Hunde bestialisch und verfüttern sie in ihren Restaurants.“
Was für eine Geschichte: Bilder, Emotionen … alles drin, was das Hirn begehrt. Ich dankte der Dame und beschloss, dass ich mich von so etwas nicht irre machen lasse und natürlich Bruno trotzdem weiterhin vorm Markt warten lassen werde, wenn ich kurz etwas einkaufe. Nur … werde ich diese Geschichte nicht mehr los. Jedes Mal wenn ich mit Bruno zum Supermarkt gehe, dann kommt die Geschichte mit all ihren bunten Farben wieder hoch. Seitdem wende ich einen kleinen Trick an: Ich binde Bruno nicht an, sondern lasse ihn ohne Leine warten. Eine Leine am äußersten Ende packen und einen Hund mitzerren können viele. Ihn aber direkt am Halsband packen, kaum jemand. Ist das nicht lustig? Ich glaube nicht an die Geschichte, aber mein Gehirn ist in sie verliebt.
Was hilft?
So geht es den Patienten mit den vielen tollen Geschichten aus dem Internet. Die sind viel bunter und emotionaler als alles, was der Arzt dann sachlich von sich gibt. Und daher ist der Ausweg: Der Arzt liefert auch eine Geschichte und zwar eine, bei der mit der richtigen Therapie alles gut gegangen ist. Ich erzählte dies in einem meiner letzten Vorträge und danach kam eine Ärztin auf mich zu und meinte, dass sie dies seit einiger Zeit anwenden würde und so eine Geschichte jedes Mal Wunder bewirkt.
Egal in welchem Bereich Sie arbeiten, das Internet ist bei vielen die große Konkurrenz. Liefern Sie dem Kunden lieber Storytelling und packen Sie nicht nur ZDF in die Waagschale, denn dann werden Sie gegen die tollen Geschichten im Netz verlieren. Sie erleben jeden Tag genug … packen Sie es in Worte und bringen Sie es an den Kunden.
Ich wünsche Ihnen dabei viel Spaß und vor allem einen wunderschönen Sommer.
Herzlichen Gruß
Isabel García
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